Kündigung und Ihre Folgen – Teil 1
Welche Folgen Kündigungen für Menschen und Unternehmen haben: Ein Gespräch mit Everhard Uphoff.
Pünktlich zum Jahresbeginn habe ich mit Everhard Uphoff, Personalberater und Buchautor, ein Gespräch zum Thema Kündigung geführt. Für sein Buch „Gekündigt – zum Glück!“ hat er mit über 100 Fach- und Führungskräften über deren Trennungserfahrungen und den Umgang damit gesprochen.
Wir haben uns mit verschiedenen Fragen rund um die Themen Führung und Kündigung unterhalten. Mit der eigenen, oder aber auch damit, als Hiob diese unliebsame Entscheidung kommunizieren zu müssen.
Haben Führungskräfte von heute die nötigen Kenntnisse und das Know-how, um eine wertschätzende Trennung über die Bühne zu bringen? Wie gehen Menschen in unterschiedlicher Weise mit dieser Niederlage um? Und was tun, wenn der oder die eigene Vorgesetzte Anhänger der dunklen Triade ist?
Diese 6 Themen haben wir uns näher angeschaut:
- Die Kündigung! Und jetzt? Wie gehen Menschen damit um?
- Was keiner hören will: manche Menschen zerbrechen durchaus an Kündigungen
- To be or not to be: Es gehören immer zwei dazu
- Die dunkle Triade: Ein giftiger Cocktail in der Führungsriege
- Entscheidungen sind dazu da, getroffen zu werden
- In Zeiten wie diesen: die Bedeutung der Arbeitgebermarke
Wie gehen Menschen mit einer überraschenden Kündigung um?
Zuallererst einmal steht hinter jeder Kündigung ein Mensch und deswegen hat jede Geschichte auch ihren eigenen Schmerzpunkt. Zwei Fälle gingen Everhard Uphoff besonders unter die Haut:
Ein Mann, 50 plus, Vertriebsmitarbeiter – seine Geschichte berührt besonders, weil er nicht nur seinen Job verloren hat, sondern parallel auch noch im privaten Bereich eine Scheidung durchlebte. Das Haus musste verkauft werden. In diesem Leben blieb kein Stein auf dem anderen. Es war eine wirklich tiefgreifende Veränderung für diese Person.
„Ich habe diese Person mehrmals interviewt und hautnah miterlebt, wie sehr er unter der Kündigung gelitten hat. Zeitweise war es die Hölle für ihn. Aber als früherer Leistungssportler hat er über seinen Sport einen Weg gefunden, diesen Prozess auszuhalten, das Tal zu durchschreiten und sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Das braucht Zeit und viel Annahme.“
Und ein Manager, der von heute auf morgen im Unternehmen degradiert wurde. Gerichtlich dagegen vorgegangen ist und über einen Zeitraum von zwei Jahren mehrmals juristische Schritte unternommen und immer gewonnen hat. Und sich so wieder ins Unternehmen eingeklagte. Schließlich wurde er sogar in den Betriebsrat gewählt. Am Ende dieser Odyssee und zwei Jahre später kam es dann aber doch zum Vergleich.
„Diese Person hat eine völlig andere Bewältigungsstrategie gewählt, nämlich für Gerechtigkeit zu kämpfen. Das hat mich sehr berührt, weil sie einfach einen Aufhebungsvertrag hätte unterschreiben können. Aber ihr Gerechtigkeitssinn war größer, und deshalb wollte sie das nicht so hinnehmen. Davor habe ich Respekt.“
Wann Menschen an einer Kündigung zerbrechen
In manchen Fällen ist die Kündigung der Beginn einer Lebenskrise. Gerade wenn sie völlig überraschend, scheinbar aus dem Nichts kommt, oder wenig wertschätzend von statten geht. Nicht jeder hat die Resilienz für sich gepachtet und geht gestärkt daraus hervor. Die Tatsache, dass der Betroffene den beruflichen Anschluss nicht mehr findet, Abhängigkeiten und sogar Selbstmord können die Folgen sein. Hier ist entscheidend wie die Kündigung vollzogen wurde und ob der Betroffene dazu in der Lage ist, sich Hilfe zu holen.
„Nicht jede Geschichte geht gut aus, das wissen wir. Manche begehen in so einer Situation Selbstmord. Oder werden süchtig. Geben sich auf. Das hat viel mit fehlender Resilienz zu tun. Deshalb bin ich ein Befürworter davon, dass man sich selbst aus dem Schlamassel zieht und sich Unterstützung auf allen Ebenen holt.“
Unternehmer wissen, dass man aus unternehmerischer Sicht manchmal Leute entlassen muss, weil es einfach betrieblich nötig ist. Entscheidend für eine gelingende Exitstrategie ist, mit welcher inneren Haltung diese Gespräche geführt werden.
Führungskräfte haben unterschiedliche Hüte auf, nicht nur den des Unternehmers, sondern auch den des Betroffenen. Die Frage ist immer: Wie wird miteinander kommuniziert? Wenn man über keine Empathie verfügt, sich nicht in die Lage des anderen versetzen kann, wird das für den Trennungsprozess nachteilig sein.
Alle Beteiligten benötigen konkrete Kenntnisse
Inzwischen werden Führungskräfte in speziellen Trainings auf Trennungsgespräche vorbereitet. Der Umgang mit den eigenen Emotionen und den Emotionen des Gesprächspartners, eine gelingende Kommunikation und die eigene Haltung sind entscheidend für ein wertschätzendes Gespräch.
Vor Kurzem hatte Everhard Uphoff ein Training, bei dem sich herausstellte, dass die Führungskraft im Nachgang zu einer Kündigung wirklich ein persönliches Problem hatte. Sie hat festgestellt, dass sie einen Fehler gemacht hat und bereut jetzt, dass sie den Mitarbeiter rausbugsiert hat. Warum? Weil Sie merkte, dass die Person es nicht schafft, wieder auf die Beine zu kommen.
Diese Führungskraft hat reflektiert: „Aus menschlicher Sicht war es eventuell nicht die richtige Entscheidung. Hätte man es nicht doch anders machen können?“ Die Handhabung in diesen Fällen hängt stark vom Gesamtkonstrukt ab. Wie stark war die Verbindung zu dem Mitarbeiter? Wie war die persönliche Beziehungsebene?
Was ist das – und wie gehen wir mit ihr um?
Die dunkle Triade der Macht
Es ist kein Geheimnis mehr: Gerade bei größeren Unternehmen trifft man in den oberen Etagen unter den Führungskräften häufig auf Narzissten oder Anhänger der dunklen Triade.
„Die Dunkle Triade oder Dunkler Dreiklang (englisch Dark Triad) bezeichnet die Persönlichkeitsmerkmale von Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie und ihre Zusammenhänge. Das Konzept wurde von den kanadischen Psychologen Delroy L. Paulhus und Kevin M. Williams im Jahr 2002 geprägt. Die drei Merkmale werden unterschiedlich und unabhängig voneinander konzeptualisiert. Obwohl es empirische Hinweise auf eine Überlappung gibt. Sie sind mit einem gefühllos-manipulativen interpersonellen Stil verbunden.“
Die Angehörigen dieser Zunft zeichnen sich dadurch aus, dass sie über nicht viel Empathie verfügen und auch kein Schuld- oder Reuegefühl haben. Wenn man mit so einer Person zu tun hat, dann ist es wichtig, dass man sich davor schützt, wenn das überhaupt geht.
Im Grunde gilt in diesem Fall: Change it, love it, or leave it. Oder: Entscheidungen sind dazu da, getroffen zu werden.
Auch in seiner eigenen beruflichen Laufbahn als angestellter Manager hat Everhard Uphoff lange gebraucht, um zu durchschauen, mit was für einer Persönlichkeitsstruktur er es bei seinem Vorgesetzten zu tun hatte. Einem waschechten Narzissten, der hochmanipulativ unterwegs war.
„Es ist schon hilfreich, wenn man Machtstrukturen durchschauen kann. Wenn man auch durchschauen kann, wie Anhänger der dunklen Triade arbeiten. Es ist gut, wenn man das Mindset und die Tools, die diese Persönlichkeiten verwenden, kennt. Wer das nicht weiß, ist hochgradig gefährdet. Im Grunde hat man in so einem Fall keine Chance.“
Für diejenigen die merken, dass sie es mit so etwas zu tun haben, ist es wichtig, sich selbst einzugestehen, dass es einfach eine Situation ist, in der man keine Chance hat. In so einem Fall wird man gezwungen die eigene Komfortzone zu verlassen und wieder bei null anzufangen. Vor einer Entscheidung sollte man jedoch prüfen, wie so eine narzisstische Persönlichkeit im System eingebunden ist. Wird diese Person vielleicht auch noch von der Geschäftsführung gedeckt? Oder ist sie anderweitig vernetzt? Wer steht hinter mir? Kann ich auf die Geschäftsführung bauen? Wer unterstützt mich in dem ganzen System, wenn ich merke, dass sich das Machtgefälle zu meinen Ungunsten entwickelt?
„Ich hätte viel früher schon sagen müssen: „Leute, das mache ich so nicht mit. Ich gehe.“
Bevor man jedoch Gefahr läuft, persönlichen, mentalen oder psychologischen Schaden zu nehmen, sollte man lieber frühzeitig gehen. Je länger man sich dieser ausweglosen Situation ausliefert, desto länger braucht es, um da wieder rauszukommen.
Gerade in großen Unternehmen, läuft einiges hinter den Kulissen ab. Die betroffenen Personen sind oft über Nacht weg. Keiner will es gewesen sein, keiner hat was gehört, keiner hat was gesehen. Keiner spricht darüber, nur hinter verdeckter Hand. Diese Fälle gibt es viel häufiger als wir denken.
Elementar wichtig für die Betroffenen ist es zu erkennen und zu verstehen, wie die Dinge zusammenhängen. Damit man in Frieden mit seiner eigenen Geschichte kommt. Denn nur dann kann man schneller wieder gut nach vorne gehen und positiv in die Zukunft schauen.
„Mir liegt es am Herzen über diese Fälle zu sprechen. Es hilft so viel weiter, zu wissen das diese Machenschaften in Unternehmen keine Einzelfälle sind. Im Normalfall spricht darüber niemand, nur hinter vorgehaltener Hand. Mit anderen darüber zu sprechen, erleichtert den Betroffenen damit umzugehen, weil
viele sich fragen: Was habe ich falsch gemacht? Oder: Warum gerade ich?“
Der Wert der Arbeitgebermarke
Die Beschädigung der Arbeitgebermarke kann in Zeiten des Fachkräftemangels den Untergang für kleinere und mittlere Unternehmen bedeuten. Wenn der Ruf eines Unternehmens kaputt ist, wird sich ein gut ausgebildeter Leistungsträger dreimal überlegen, ob er dort anheuern wird. Viele Arbeitgeber haben das noch nicht verstanden. Bei mittelständigen Unternehmen, die nicht börsennotiert sind, herrschen oft noch patriarchalische Strukturen. Hier kann es schon vorkommen, dass der Geschäftsführer sagt: „Das ist mein Unternehmen. Ich entscheide hier, wie das gemacht wird.“
Ob diese Entscheidungsträger damit durchkommen, hängt von folgenden Fragestellungen ab: Wo ist das Unternehmen? Was ist das für ein Unternehmen? Herrscht in dieser Branche eher ein Arbeitnehmer- oder ein Arbeitgebermarkt? Als Arbeitgeber zu erkennen, dass die junge Generation diese vorherrschenden Strukturen nicht mehr mitmacht, kann ein sehr schmerzhafter und kostenintensiver Prozess sein.
Um das Unternehmen für die zukünftigen Umbrüche gut zu wappnen, braucht es die Bereitschaft in den Führungsebenen die eigene Haltung zu den Mitarbeiter:innen zu reflektieren. Man muss sich überlegen, wo welche Maßnahme und welche Form der Kommunikation geboten ist. Man muss ein Augenmaß für die Situation entwickeln, für den Menschen, der einem gegenübersteht und für das Ergebnis, das man in dem Moment eigentlich braucht. Über kurz oder lang wird das die Fähigkeit der Zukunft sein.
Im zweiten Teil dieses Gespräches mit Everhard Uphoff gehen wir folgenden Punkten nach:
- Warum Unternehmen die irrsinnigen Kosten einer hohen Fluktuation in Kauf nehmen
- Wie Trennungskultur und Trennungsstrategien in Unternehmen funktionieren
- Die unterschiedlichen Führungsstile und ihre Bewandtnis
- Wann Führungskräfte selbst mit Wertschätzung an ihre Grenzen stoßen
- Warum die Emotionen so oft hochkochen
- Wie sich die Ansprüche der Generation Z auf den Arbeitsmarkt auswirken